Vom Verschwinden der Wirklichkeit in der Fotografie

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Vom Verschwinden der Wirklichkeit in der Fotografie

In unserer modernen Welt hat die Technologie eine immer größere Rolle in unserem täglichen Leben und in unserer Wahrnehmung der Realität eingenommen. Insbesondere die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (AI) hat dazu geführt, dass wir uns immer mehr mit virtuellen Realitäten auseinandersetzen und uns die Frage stellen müssen, was tatsächlich „wirklich“ ist. Einerseits ermöglicht die AI die Schaffung von immer realistischeren virtuellen Umgebungen und Erfahrungen, die uns ermöglichen, die Welt auf neue Weise zu erleben. Allerdings gibt es jedoch auch die Gefahr, dass wir uns immer mehr von der Wirklichkeit entfernen und uns in eine scheinbare Realität verlieren. In diesem Artikel werden wir uns damit auseinandersetzen, wie AI die Art und Weise beeinflusst, wie wir die Realität wahrnehmen und darstellen, und welche Auswirkungen dies auf unser Verständnis von Realität hat. Wir werden uns auch mit der Frage auseinandersetzen, ob es ein Verschwinden der Wirklichkeit und in der Fotografie gibt und wie wir uns dagegen schützen können.

Eines der spannenden Themen dieser Zeit für mich ist der Wandel und die Veränderung unserer Welt durch künstliche Intelligenz. Als Fotograf sind für mich dabei besonders die großen Sprünge im Bereich der Artificial Intelligence (AI) beeindruckend. Was in wenigen Jahren an Fortschritt stattfand, lässt erahnen, welche fundamentalen Veränderungen der visuellen Wahrnehmung (und Realität) uns noch bevorstehen.

Als das Januar-Thema meiner zwölfmonatigen Reise durch verschiedene Themen, versuche ich mich dem Thema kritisch, gesellschaftlich und technisch zu widmen.

Was ist real und was virtuell – der Versuch einer Definition

Was ist echt und was ist unecht, oder anders gefragt: Gibt es überhaupt noch eine echte Realität?

„Das Wirkliche ist nicht durch und durch wirklich, sondern schließt Virtualitätsanteile ein, und ebenso gehören zum Virtuellen zu viele Wirklichkeitsmomente, als dass es als schlechthin virtuell gelten könnte.“ – Welsch, 1998

Grundlegend ist Realität in verschiedene Ebenen einzuteilen

Objektive Realität

Bezieht sich auf die faktische Wirklichkeit, unabhängig von der Wahrnehmung oder Interpretation einer Person. Das betrifft die physischen und naturwissenschaftlichen Aspekte der Welt, die unabhängig von individuellen Erfahrungen oder Perspektiven existieren.

Subjektive Realität

Bezieht sich auf die Art und Weise, wie eine Person die Welt wahrnimmt und interpretiert. Die subjektiven Erfahrungen, Gedanken und Gefühle einer Person können von Person zu Person unterschiedlich sein.

Sinnliche Realität

Die Welt, die wir durch unsere Sinne wahrnehmen, ist die Welt, die wir durch unsere Augen, Ohren, Nase, Zunge und Haut wahrnehmen. Die Art und Weise, wie wir die Welt durch unsere Sinne erfahren und interpretieren, ist von Person zu Person unterschiedlich.

Diese drei Ebenen können sich überschneiden und beeinflussen einander, da die subjektive und sinnliche Realität von der objektiven Realität beeinflusst werden und umgekehrt.Zudem wird die objektive Realität durch die subjektive und sinnliche Realität interpretiert. Wie man es nun dreht oder wendet: Ausgehend von Welsch’s Aussage zum Einstieg, könnte man diese Aussage auch so deuten:

Das, was als „wirklich“ betrachtet wird, besteht nicht vollständig aus reinen Wirklichkeitsmomenten, sondern auch aus Elementen von Virtualität.Gleichzeitig enthält auch das, was als „virtuell“ betrachtet wird, viele Aspekte der Wirklichkeit und kann deshalb nicht vollständig als rein virtuell angesehen werden. – Welsch, 1998

Dieser Gedanke deutet darauf hin, dass es eine Überlappung und Vermischung von Realität und Virtualität gibt und dass es schwierig sein kann, eine klare Trennlinie zu ziehen. Es betont auch das Konzept, dass in der Realität und der virtuellen Welt, die Grenzen unscharf sind und einander beeinflussen.

Die Frage ist eigentlich nicht konkret zu beantworten, denn was als echt und real wahrgenommen wird, verschwimmt zunehmend mit dem, was virtuell ist.

Ich habe diesen Aspekt hier als Einleitung gewählt, da ich finde, wir befinden uns an der Schwelle, wo Realität und Virtualität untrennbar miteinander verschmelzen.

Vom Verschwinden der Wirklichkeit in der Fotografie – ein theoretischer Rahmen

Das Ziel dieser Auseinandersetzung soll die Untersuchung der verschiedenen Aspekte der Realität und Ihrer Darstellung in der Fotografie sein. Ich habe das Gefühl, die wahre Realität (welche auch heute noch meist durch die Fotografie und den Film erzeugt und verbreitet wird) verschwindet.

Es ist deshalb wichtig, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie die Realität definiert wird und wie sie von verschiedenen Perspektiven betrachtet werden kann.

Botschaft & Zweck

Realität ist nicht mehr gefesselt an den Gegebenheiten unserer Umwelt.

Realität ist nun vielmehr eine Fantasie uns Menschen, welche mittels künstlicher Intelligenz erschaffen werden kann und in unseren Alltag verschmilzt. Hier gilt es ein besser Sensibilisierung zu entwickeln und sich den Gefahren bewusst zu werden.

Einfluss der Technologie, insbesondere Artificial Intelligence (AI)

Technologie hat seit der Erfindung des Films und der Fotografie einen maßgeblichen Anteil daran, wie wir Bilder und unsere Welt wahrnehmen. Es ist deshalb keine überraschende Perspektive. Doch hat die Entwicklung jetzt eine Qualität angenommen, welche beeindruckend und zugleich erschreckend seien kann.

Einerseits ermöglicht die AI in der Fotografie die Entwicklung von immer fortschrittlicheren Kamera- und Bildverarbeitungstechnologien. Dies führt zu hochauflösenden und realistischen Bildern, die die Fähigkeit haben, die Welt in einer noch nie dagewesenen Art und Weise darzustellen. AI-basierte Technologien wie Gesichtserkennung, Augen-Autofokus und automatischer Belichtung ermöglichen es Fotografen auch, ihre Arbeit effizienter und präziser auszuführen. Auch können Smartphones bereits im Prozess der Bildverarbeitung entscheidende Veränderungen vornehmen und manipulieren damit die „Objektive Realität des Fotografierten“.

Der richtige Spaß beginnt aber erst danach:
Deep-Learning und neuronale Netze, Objekt- und Gesichtserkennung, Bildklassifizierung und Segmentierung, Analyse der Komposition, intelligente Fotoverwaltung und GAN’s. Generative Adversarial Networks (GANs) sind eine Art von Deep-Learning Modell, die für generative Aufgaben verwendet werden, wie z.B. das Erstellen von neuen Bildern oder Videos.

Der technologische Eingriff ist also nicht mehr nur noch ein wenig herumschrauben an der Belichtung oder den Farben. Wir sind auf einem Level, wo es nur noch die Fantasie des Nutzers benötigt.

Möglichkeiten der Realitätsdarstellung in der Fotografie

Wie groß sind die Möglichkeiten, mit der Fotografie die Realität darzustellen? Ist dem noch so? Welche Möglichkeiten gibt es und welche Grenzen?

Die größte Reinform der Fotografie und Darstellung der Realität hatte für mich immer die dokumentarische Fotografie. Große Fotografien wie Henri Cartier-Bresson, Joel Meyerowitz oder Walker Evans verkörpern für mich „echte Fotografie“. Es ging immer darum, die Realität so darzustellen, wie sie tatsächlich ist. Meistens werden damit historische Ereignisse, soziale Probleme oder das Alltagsleben festgehalten.

Einen Schritt weiter sehe ich die konzeptionelle Fotografie: Diese Art der Fotografie versucht eine bestimmte Idee oder Botschaft zu vermitteln, indem sie die Realität auf eine symbolische oder metaphysische Weise darstellt. Metaphern und Symbole sind hier tragende Elemente, da Symbole oft einfacher zu verstehen sind und Metaphern einen guten transaktionalen Bezug herstellen.

Und noch einen Schritt weiter würde ich der künstlerischen Fotografie die Aufgabe zuordnen, Gefühle, Emotionen und Assoziationen durch eine künstlerische und oft abstrakte Weise darzustellen.

Die Möglichkeiten der Fotografie, die Realität darzustellen, sind also sehr vielfältig. Allerdings gibt es auch Grenzen, zum Beispiel, dass mit der Kamera immer nur eine bestimmte Perspektive und einen Ausschnitt der Szene sichtbar gemacht werden kann. Ein großer Teil der Realität ist also immer nicht mit erzählt.

Gefahren von AI in der Fotografie und die Gesellschaft

Es gibt mehrere Gefahren, die mit der Verwendung von künstlicher Intelligenz (AI) in der Fotografie und in der Gesellschaft verbunden sind.

Fake-Realität

AI-basierte Technologien können dazu verwendet werden, Bilder zu generieren, die so realistisch sind, dass sie kaum von echt zu unterscheiden sind. Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion verschwimmen und es wird schwer, die Authentizität von Fotos zu bestimmen.

Spannend bei diesem Aspekt ist auch das Projekt von Phillip Wang, ein Software-Ingenieur, er nutzt Forschungsergebnisse des Chip-Designers Nvidia, um einen unendlichen Strom von falschen Porträts zu generieren. Der dahinterliegende Algorithmus wurde an einer riesigen Datensammlung echter Bilder trainiert und nutzt dann einen Typen von Neuronennetzwerk namens Generative Adversarial Network (GAN), um neue Beispiele zu erschaffen. Hier knüpfen auch AI-Generatoren wie DALL-E2 oder Midjourney an, diese generieren eine Realität, die es nicht gibt.

Gläserner-Mensch


Dadurch, dass mittlerweile fast jedes professionelle Bildbearbeitungsprogramm Personen und Elemente automatisch erkennt und katalogisieren kann, birgt das ein großes Risiko für die Privatsphäre, wenn die Daten an Dritte gelangen. In der öffentlichen Überwachung ist das in manchen Ländern schon normal, dort kann ein ganzes Bewegungsprofil einer Person erstellt werden.

Diskriminierung & Zensur

AI-Systeme können diskriminierend sein, insbesondere wenn sie mit ungenauen oder unvollständigen Daten trainiert werden. Sie können dazu führen, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen benachteiligt werden, beispielsweise durch ungenaue Gesichtserkennung oder ungleiche Zugangsmöglichkeiten zu bestimmten Diensten.

Die Diskriminierung muss aber nicht immer so offensichtlich sein, denn eine gewisse Zensur von bestimmten Themen findet schon heute in den KI-Modellen statt. Was gilt als politisch inkorrekt? Welche Themen sind Tabu? Vor allem in einer Demokratie, diese lebt noch vom kontroversen und offenen Austausch. KI wie Chat- oder Sprachroboter machen das Ganze äußerst subtil wett. Das dürfen wir auf keinen Fall zulassen!

Disruption im Job (auch als Fotograf)


Manche Arbeitsplätze und Branchen werden überflüssig werden, auch als Fotograf sehe ich diesen Aspekt äußerst kritisch. Durch den Einsatz von automatisierten Systemen in der Fotografie wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis ein ausgebildeter Handwerks-Fotograf weitestgehend überflüssig wird (und im Vergleich wohl auch viel zu teuer).

Weiter noch, die gesamte Kreativ-Branche wird sich großen Veränderungen nicht entziehen können. Gerade auch im Marketing: KI wie ChatGPT kann schon jetzt Sales-Texte oder Konzepte abgeben, in Sekunden! Viele der Jobs, die gestern als gesetzt galten, könnten in wenigen Jahren schon durch eine KI erledigt werden. Letztlich ist alles eine Rechnung und eine KI kostet eben ein Bruchteil dessen.

Abhängigkeit und Realitätsverlust

AI und KI kann dazu führen, dass Menschen sich immer mehr von der Wirklichkeit entfernen und sich in eine scheinbare Realität verlieren. Zuckerberg wünscht sich derartiges scheinbar, denn Meta ist nur ein Beispiel für den Fortschritt.

Diese Risiken im Auge zu behalten, ist deshalb enorm wichtig. Wir müssen mit AI/KI-basierte Technologien verantwortungsvoll und ethisch gesund umgehen, um negative Auswirkungen auf die Gesellschaft und die individuellen Rechte und Freiheiten zu vermeiden.

Eine Analyse ausgewählter Fotografien und deren AI-Rekonstruktion

Zunächst der Versuch, bekannte Fotos und auch eigene Fotos zu analysieren und mittels AI zu reproduzieren. Möglichkeiten, von denen einer der größten Fotografen des „echten Moments“ wahrscheinlich im Leben nicht geglaubt hätte.

Foto 1 – Cartier Bresson’s Ikone

Henri-Cartier Bresson, war ein französischer Fotograf und Gründer der berühmten Fotoagentur „Magnum Photos“. Er gilt bis heute als einer der einflussreichsten Vertreter der Street Photography und hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der modernen Fotografie. Seine Fotos haben eines der größten Potenziale, als „Realistisch und echt“ bewertet zu werden.

In Paris hat Bresson 1932 eins seiner bekanntesten Fotos geschossen, der legendäre Sprung über die Pfütze am Place de l’Europe in der Nähe des Pariser Gare Saint-Lazare. Ein Beweis seiner Gabe, Momente zu erkennen und festzuhalten. Mit einer Messsucherkamera, auf Film und ohne jegliche Möglichkeit mittels künstliche Intelligenz in irgendeiner Form etwas zu verändern. Bressons Bild zeigt unaufgeregt, aber dennoch emotional einen Moment, der für die Zeit nicht trefflicher seien können. Durch die Schwarz-Weiße Wirkung des Films entstand so eine Ikone der Wirkung von „echten Fotos“. Noch heute ist Schwarz-Weiß unmittelbar damit verknüpft, „echt und authentisch“ zu wirken. Als es noch keine Farbfilme gab, war das eben die einzige Möglichkeit. Jedoch ist die Abwesenheit von Farbe eine wunderbare Reduzierung der Realität (und damit bereits auch eine Veränderung der Realität). Doch hilft es uns beim Betrachten, uns auf das Wesentliche zu fokussieren. Das ist bis heute so.

Ich habe versucht durch Midjourney, (Version 4, Stand 01/2023) das Bild von Bresson zu erzeugen (wichtig hierbei: Ich hab das Bild von Bresson nicht als Referenz mit angegeben, sondern nur versucht zu beschreiben).
Die KI kennt sicher auch Bilder von Bresson, allerdings habe ich wie geschrieben keine Bild als Referenz mitgegeben. Nur die Beschreibung des Bildes mit ein paar Informationen zum Stil reichen, um Bressons „echten Momenten“ zu einem künstlich erzeugten virtuellen, gar „Fake-Moment“ zu machen.

 

Prompt zum Bild: silhouette of old men who jumps over a puddle in paris, in style of Henri Cartier-Bresson, black and white photography, reflection, street photography, one person –ar 2:3

 

Foto 2 – rotes Kleid in Panama City

Nun, ein Bild eines berühmten Fotografen kann eine trainierte KI ja sicher gut nachbilden. Deshalb nehme ich folgend eins meiner eigenen Bilder. Ich habe bewusst ein Bild gewählt, was deutlich subtiler ist und wohl so kaum einr KI konkret als „Futter“ gegeben wurde.

Dieses Bild habe ich im Februar 2022 in Panama City fotografiert. Eine Frau welche ein rotes Kleid anhat. Es wirkt leicht und wirft große Wellen. Die Frau selbst ist nicht zu erkennen, es ist nur ein Teil ihrer Beine zu sehen. Das Kleid ist vor einer Mauer mit runden Ornamenten, die jedoch nur aufgesetzt sind. Die Formen geben eine wunderbare Symbiose und ergänzen sich. Ein Moment voller Leben, Formen und Leidenschaft – zugleich aber auch trockener, grauer und harter Realität. So wie es für viele Panamesen wohl auch ist.

Was ich bemerkt habe, ist die Schwierigkeit beim Erstellen der korrekten Prompts (Anweisungen) für die KI. Ein Bild mit seinen einzelnen Bestandteilen wie Objekte, Formen und Stimmungen zu beschreiben, ist viel schwieriger, als ich dachte. Ein paar Versuche meine Aufnahme mittels AI zu reproduzieren (ohne das Bild konkret als Verweis zu nutzen, was möglich wäre) sind die Ergebnisse nicht ganz zutreffend. Sie zeigen aber dennoch hervorragend, wie schnell eine Bildwelt aus deinem Kopf in eine visuelle, konkrete Form werden kann.

Prompt zum Bild: red skirt::2 in front of ornamental fence, only lower body, photorealistic, close up::3, perspective diagonally above

 

Foto 3 – romantische Stimmung am Monument Valley

Um die Versuchsreihe und Analyse möglichst differenziert zu machen, packe ich hier noch eine Landschaftsaufnahme von mir dazu.

Das dritte Foto habe ich in den USA in der Nähe des berühmten Monument Valleys fotografiert. Ein wunderbar romantische Szene am Abend. Die Aufnahme war eine knapp zehnminütige Langzeitbelichtung und wirkt daher besonders weich.

Was bei meinen Versuchen mit der AI herauskam, hat mich völlig verblüfft. Mit meinen Beschreibungen (Prompt) konnte ich am Ende folgendes Bild generieren lassen.

Prompt zum Bild: tree in a desert with stone monuments in background, swing hangs on tree, landscape, photorealistic, octane render, ultra wide angle, f22, long exposure, sunset mood

Ich hatte neben meiner hochwertigen Sony A7IV und dem nicht weniger hochwertigen Sony 16–35 2.8 GM zusätzlich nicht immer flexible ND-Filter verwendet und für das Bild insgesamt locker 1 Stunde gebraucht (mehrere Versionen).

Das Bild ist insgesamt schon nah am echten Foto und wirkt zudem auch noch richtig gut. Um ein solches Foto zu schießen, musst du als Fotograf schon vieles zusammenbringen (Wetter, Timing, Ausrüstung, Location, Komposition etc. …). Dieses Bild hier hat mich lediglich wenige Minuten am Schreibtisch gekostet und verglichen mit meinem ursprünglichen echten Aufwand in den USA, ist der Vergleich schon gefährlich, nah am springenden Punkt: „Wann sind Fotografen überflüssig?“

Natürlich ist das AI erzeugte Bild noch weit entfernt von richtiger realistischer Wirkung, doch es ist wichtig zu verstehen, dass die Technologie so ziemlich am Anfang steht. Anders gesagt: wenn das bspw. 20 % des Potenzials sind, was bedeutet, dass dann für die Zukunft von AI?

Was ist Realität? Eine visuelle Idee entwickeln

Für eine genauere Erstellung einer künstlich erzeugten Bildsequenz, habe ich ein paar Stichworte gesammelt, welche mir bei der Frage und Recherche zum Schwerpunkt „Realität und Wahrnehmung“ aufkamen:

Stichwortliste Realität

Freiheit, Raum, Subjektivität, Objektivität, Erfahrung, Wirklichkeit, Täuschung, Simulation, Technologie, Virtual Reality, Augmented Reality, Philosophie, Wissenschaft, Perzeption, Medien, Illusion, Fotografie, Konstruktion, Perspektive, Wahrheit, Realismus, Naturalismus, Interpretation, Körperlichkeit, Erinnerung, Bewusstsein, Kognition, Sinnlichkeit, Abbildung, Dokumentation, Repräsentation, Authentizität, Verkörperung, Verfremdung, Verfälschung, Manipulation, konstruierte Realität, Wahrnehmungspsychologie, Epistemologie, Ontologie, Nihilismus, Realitätsverlust

Ein ganz schön lange Liste, daran ist gut zu erkennen, welche Tiefe das Thema insgesamt hat. Für mich sind hauptsächlich folgende Stichworte und Konzepte näher interessant:

  • Raum
  • Perzeption (also der Wahrnehmungsprozess im Gesamten)
  • Konstruktion
  • Körperlichkeit
  • Bewusstsein
  • Manipulation
  • Nihilismus
  • Konstruktivismus

Zwischen Konstruktivismus und Nihilismus

Es gibt zahlreiche Vertreter, Meinungen und Weltanschauungen.

Ich finde, eines der größten Spannungsverhältnisse ist zwischen Konstruktivismus und Nihilismus.

Das Verhältnis von Konstruktivismus und Nihilismus ist eines der komplexesten und schwierigsten Themen in der Philosophie. Konstruktivismus ist eine philosophische Weltanschauung, die besagt, dass die Welt, wie wir sie wahrnehmen, durch unsere eigenen Konstruktionen und Interpretationen geschaffen wird. Nihilismus ist eine philosophische Sichtweise, die glaubt, dass es keine objektive Wahrheit gibt und dass alles, was wir als wahr ansehen, nur eine subjektive Interpretation ist. Beide Überzeugungen stehen also in krassem Gegensatz und scheint mir unauflösbar.

Was ist also konstruiert und was ist lediglich eine subjektive Interpretation unserer Welt?

Genau mit dieser Fragestellung habe ich mittels dem AI Tool Midjourney eine spannende Serie entwickelt, welche zwischen Realitätsverzerrung, subjektiver Wahrnehmung, Leere und konstruierten Vorstellungen spielt.

Damit diese Bildserie eine gewisse Einheitlichkeit und Stilistik bekommt, habe ich mich bei der Erstellung der Prompts (das sind die Text-Anweisungen) darauf konzentriert, die Bilder minimalistisch und fotorealistisch wirken zu lassen. Außerdem liegen alle Bilder im Seitenverhältnis 3:2 vor.

Folgende Parameter habe ich allen Versuchen mitgegeben:

“minimalism, photorealistic, –ar 3:2”

Die verschiedenen Konzepte habe ich danach miteinander kombiniert und was Midjourney bzw. die AI da teilweise zusammengesetzt hat, überraschte mich. Hier sind visuelle Anreize dabei, auf die ich zunächst nicht gekommen wäre.

Manche Ergebnisse sind sehr grafisch, andere mehr realistisch, die Schwierigkeit war es, mit verschiedenen Parametern wie “stylize und seed” die Vorschläge zu optimieren.

Insgesamt habe ich über 200 Bilder generieren lassen und folgend für eine Zusammenstellung genutzt.

Was diese Serie gemein hat

Die Bilder bewegen sich zwischen Konstruktion und Raum, manche sind subtil (wie die Hand, die vor dem Fenster ist, oder die Gabel, die ein Messer ist), andere offensichtlich.Wer hat schon eine Orange im Kopf. Wenn dann sicher nur in unserer Fantasie – oder?

Genau wie unsere Wahrnehmung passt nicht immer alles korrekt zusammen, oder lässt sich klar definieren. Hier setzt meine Botschaft wieder an:

Die Realität ist nun mehr als je zuvor eine Fantasie uns Menschen, welche durch künstliche Intelligenz erschaffen werden kann und in unseren Alltag verschmilzt. Das passiert in allen Branchen und wir für große Disruption sorgen. Was wird als echt definiert und was nicht?

Das Mädchengesicht: Offensichtlich ist das dieselbe Person oder doch die Zwillingsschwester? Vielleicht sind auch einfach nur ein paar Jahre körperliche Entwicklung dazwischen? Ohne eine klare Faktenlage könnten alle Fälle zutreffen.

Die Frage bleibt also offen: Konstruieren wir unsere Welt nun selbst, oder ist sie ein Streich unserer Wahrnehmung?

Vielleicht können wir bald nicht mal mehr unterscheiden und erkennen, was echt und was generativ ist – KI ist jedenfalls ein starker Beschleuniger und wird noch so einige Überraschungen für uns bereithalten.

Fazit

Das Thema AI und KI war im Rahmen meines Projektes „12 Monate – 12 Fotoprojekte“ für den Januar 2023 äußerst spannend und ist damit auf keinen Fall abgeschlossen. Es ist eine Momentaufnahme, wie auch die Forschung in der KI-Welt. Wir stehen am Anfang und dennoch ist jetzt die Zeit, an der wir entscheiden, wie wir mit all den Möglichkeiten durch KI umgehen.

 

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Stefan Franke

Fotograf & Marketer

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