Wann und warum ich mit Bodyweight-Training (Calisthenics) begann
Doch 2020 traf die Welt auf Corona und der öffentliche Sport kam praktisch zum Erliegen. Ich habe jedoch bereits zum Ende der Laufsaison 2019 gemerkt, dass sich immer mehr körperliche Probleme beim Laufen einschleichen (Disbalancen, Schmerzen im Rücken und ein mehrjährige Plantarfasziitis) und beschloss etwas zu ändern.
Ich begann im August 2019 mit einem Versuch, das Buch von Mark Laureen „Fit ohne Geräte“ in 90 Tagen konsequent durchzugehen. Meine Erfahrungen aus diesen drei Monaten habe ich ebenfalls mit meinem Blog festgehalten.
Aufgrund unserer Weltreise 2022 war eine konsequente Weiterentwicklung mit Freeletics etwas schwierig und ich ging den Einheiten nur 1-3 mal in der Woche nach, das ganze Training hatte zu dieser Zeit einen erhaltenen Wert.
Seit unserer Rückkehr im Oktober 2022 beschloss ich, tiefer in den Sport einzutauchen und seither benutze ich keine App mehr und trainiere nur nach den Orientierungen des Calisthenics.
Was ist Calisthenics und was ist meine Motivation für Calisthenics
Calisthenics hat keine Einstiegs-Hürden
Es ist okay, Anfänger zu sein!
Was ich am Calisthenics so liebe, ist der Fokus auf dich selbst, zu 100% zählst nur Du! Und dabei ist es völlig in Ordnung, ein Anfänger zu sein.
Calisthenics: Meine Anfänge und erste Schritte
So war auch mein Beginn, in den ersten 2 Monaten habe ich mir einen simplen 3–4 Tage/Woche Plan erstellt. Diese Elemente spielen auch heute noch eine zentrale Rolle. Damit du ein besseres Gefühl bekommst, folgende Übungen sind wichtige Basis-Elemente im Calisthenics:
Übung | Trainierte Bereiche | Variationen | Nutzen/Ziele |
---|---|---|---|
Liegestütze | Brust, Schultern, Trizeps | Diamant-Liegestütze, breite Liegestütze, einarmige Liegestütze | Verbesserung der Oberkörperkraft, Ausdauer |
Klimmzüge | Oberer Rücken, Bizeps, Schultern | Enge Klimmzüge, breite Klimmzüge, Klimmzüge mit Untergriff (Chin-Ups) | Stärkung des Rückens und der Arme, Griffkraft |
Dips | Trizeps, Brust, vordere Schultern | Durchführung mit Parallelstangen oder an Ringen | Stärkung von Trizeps und Brust, Schulterstabilität |
Der Handstand
Für mich waren von Beginn an auch Skill-Elemente wie der Handstand wichtig. Für mich war der Handstand gefühlt „unmöglich“ zu schaffen. Allein in die korrekte Position zu kommen, viel mehr am Anfang verdammt schwer. Seit einem Jahr trainiere ich mehrmals in der Woche den gezielt den Handstand und mache nur kleine Fortschritte. Über Kopf zu stehen, wird eben mit jedem Jahr, was vergeht, schwerere. Dabei ist es nicht einmal die Kraft, die entscheidend ist, sondern vielmehr das richtige Körpergefühl. Die Hüfte nach außen zu drücken, anzuspannen und korrekt anzusprechen, ist nach gut 15 Jahren vorwiegend sitzen eben völlig eingeschlafen.
Aktuell schaffe ich es an der Wand in eine saubere Position zu kommen. Ich kann den Handstand an der Wand 60 Sekunden halten und über mehrere Sätze zwischen 5 und 15 Sekunden frei zu stehen. Das ist schon eine gute Grundlage, um so langsam die Wand zu verlassen. Einen wichtigen Tipp kann ich dir beim Handstand direkt mit auf den Weg geben: Solange du keine gute Linie entwickelst und es nicht schaffst mehrere Sekunden frei zu stehen, sind Aufschwünge im Freien reine Energie-Verschwendung!
Erste Herausforderungen – Personal-Coach oder allgemeiner Trainingsplan?
Die größte Herausforderung nach den ersten drei Monaten war, für mich zum einen, die richtige Schwierigkeitsstufe zu finden (Progression). Zum anderen eine sinnvolle Trainingsgestaltung aufzubauen.
Ich habe mich damit doch recht schwergetan und so begann meine Suche im Netz und auf YouTube. Hier gibt es einige starke Athleten, die ihre Trainingsprogramme anbieten. Ich hielt es für sinnvoll, gerade am Anfang, jemanden zu vertrauen, der den Sport schon länger macht als ich. Auch wenn die fertigen Trainingspläne nie so individuell sein können, wie ein Personal-Coach, sind sie doch eine gute Wahl, um eine Routine aufzubauen und Erfahrungen zu sammeln.
Trainingsplan nach Calimove „Complete Calisthenics“ (L3 und L4) – meine Erfahrungen
Zusammen mit einem engen Freund habe ich das Trainingsprogramm von den sehr bekannten deutschen Calisthenics Sportlern Alex Lorenz und Sven Kohl (calimove.com) ins Auge gefasst. Calimove bietet hier verschiedenste Programme. Aufgrund meiner Vorerfahrungen und allgemein guten Fitness bin ich direkt beim Programm „Complete Calisthenics“ in Level 3 eingestiegen.
Jedes dieser Level umfasst 4 Phasen, welche sich in 1 Vorbereitungswoche und 4 Trainingswochen einteilen. Im Grunde werden hier schon bewährte und allgemeine Konzepte der Trainingslehre klar. Die Periodisierung in Makro-, Meso-, und Mikrozyklen. Level 3 setzt hierbei schon einiges an Kraft voraus, so solltest du 8 Pull-ups, 12 Dips, 20 Push-ups und einen Handstand 20 Sekunden an der Wand halten können. Das ganze Programm läuft dann etwa über 3 Monate und wiederholt sich vom zeitlichen Rahmen in Level 4. Der Kraftaufbau in Level 3 ist schon echt ordentlich, sodass du im Idealfall zum Start von Level 4 etwa, Folgendes können solltest: 12 Pull-ups, 15 Dips, 40 Sekunden Handstand an der Wand, 5 Skin the Cat und einen 20-sekündigen L-Sit halten.
Level 4 habe ich zum jetzigen Zeitpunkt fast abgeschlossen, sodass ich hier ein gutes und allgemeines Feedback geben kann. Beide Level sind wirklich gut aufgebaut und bieten eine richtig große Palette an Übungen. Zudem gehen Alex und Sven auf die Wichtigkeit von Trainingsvolumen, Steigerung des Volumens (Progressive Overload), Ruhephasen und Flexibilität ein. Mein Verständnis für ein ausgewogenes Training hat sich dadurch stark verbessert. Der Workload sollte dabei sowohl in Vertikale, als auch Horizontale Übungen aufgeteilt werden. Das beugt Dysbalancen vor und verbessert die allgemeine Entwicklung der Muskeln, Sehnen und des Bindegewebes.
Wenn du auch einen guten Start hinlegen möchtest, aber ein Personal Coaching nicht infrage kommt, sind die Trainingspläne von Calimove auf jeden Fall zu empfehlen. Auch, weil der Preis im Verhältnis nicht hoch und sehr fair ist. Du hast einen lebenslangen Zugriff auf die Videos und Pläne.
Personal-Coaching mit „Flex-Calisthenics“?
Ich habe mich auch einmal nach einem Personal-Coach umgeschaut, weil ich das auch heute für die beste Methode finde, schnell und effizient Fortschritte zu erzielen. Im deutschsprachigen Raum gibt es hier gar nicht so viele, einer, der mir am stärksten (und bestem Marketing) hervorsticht, ist Felix Städele. Felix, oder Flex-Calisthenics, wie er sich selbst nennt, betriebt den Sport schon seit mehr als 9 Jahren und hat damit ein breites Wissen und Erfahrung. Das ist es auch, was ich daran so schätze. Ein kostenloses Kennenlerngespräch bietet Felix eigentlich jedem ernsthaft interessierten Sportler an, gesagt, getan. Das Gespräch war wirklich super und ich hab’ mich hier auch gut aufgehoben gefühlt.
Warum ich diese Methode meiner eigenen Trainingsgestaltung dann doch nicht gewählt habe, ist eigentlich ganz einfach: Felix sein Angebot passt nicht zu meinen finanziellen Vorstellungen und langfristigen Möglichkeiten. Ich denke, gerade am Anfang ist es wichtig, sich darüber im Klaren zu werden. Es geht natürlich auch ohne Personal-Coach an deiner Seite, die Lernkurve und das Risiko etwas falsch zu machen ist dann eben flacher/länger. Ein Personal-Coaching schließe ich für mich nicht aus, vielleicht wird das im Laufe der Entwicklung sogar notwendig, um bestimmte Level zu erreichen. Wir sind zum Beispiel im Oktober auf einem Workshop, den Felix gibt. Ich freue mich darauf und werd vielleicht auch mal davon berichten.
Herausforderungen und Rückschläge im letzten Jahr
Zum Glück halten sich meine Rückschläge in Grenzen und das Thema ist bisher relativ kurz besprochen. Durch die Trainings von Calimove konnte ich ein gutes Körpergefühl entwickeln und ein essenzielles Prinzip verinnerlichen: Die körperliche Anpassung findet ausschließlich in den Ruhephasen statt. Neben dem Training sind Ruhe-Tage und eine aktive Regeneration das wichtigste. Wie ein irrer jeden Tag trainieren ist nicht nur kontraproduktiv, sondern grob fahrlässig für deine Gesundheit! Außerdem ist Flexibilität und Dehnfähigkeit deiner Sehnen sehr wichtig. Ein anschauliches Beispiel hier ist der L-Sit. Den konnte ich vor einem Jahr noch gar nicht! Durch gezieltes Stretching und Kraftaufbau halte ich den L-Sit mit voll ausgestreckten Beinen gute 20 Sekunden!
Die Bedeutung der Ernährung im Calisthenics
Ein oft unterschätzter Aspekt im Calisthenics ist die Ernährung. Als jemand, der vorwiegend vegetarisch isst, lege ich großen Wert darauf, meine Kalorien im Überblick zu haben. Ich meide stark verarbeitete Lebensmittel und fokussiere mich auf eine ausgewogene, nährstoffreiche Kost. Die richtige Ernährung ist der Schlüssel, um im Calisthenics Training optimale Ergebnisse zu erzielen. Ich versuche möglichst viel Proteinreiche Lebensmittel zu essen. Eier, Hülsenfrüchte, Skyr, Frischkäse und Protein-Pulver mag ich besonders gern. Übrigens kann ich die Shakes von ESN empfehlen!
Was ich besonders vermeide, ist Alkohol! Ich habe für mich bemerkt: Trinke ich Alkohol, nimmt meine Leistungsfähigkeit und mein Wohlbefinden drastisch ab. Wenn, dann trinke ich nur sehr geringe Mengen (nie mehr als 1 Bier) und maximal eins pro Woche, tendenziell eher alle 2 bis 3 Wochen mal.
Psychologische Aspekte: Mehr als nur Muskeln
Calisthenics hat nicht nur meine körperliche Fitness verbessert, sondern auch meine psychische Verfassung. Ich fühle mich stärker, selbstbewusster und gesünder. Weiterhin habe ich gelernt, mich von Rückschlägen weniger demotivieren zu lassen. Diese mentale Stärke ist ein unschätzbarer Vorteil, den ich durch den Sport gewonnen habe.
Die Achtsamkeit und Körperwahrnehmung, die ich während des Trainings erlebe, sind für mich fast schon meditativ. Ich merke einfach, wie meine Muskeln arbeiten, wie sich mein Körper im Raum bewegt. Das bedarf viel Konzentration auf mich selbst. In diesen Momenten fliest alles andere aus dem Alltag in den Hintergrund und ich fühle mich danach immer erfrischt und klar im Kopf.
Ein Aspekt ist mir erst im Laufe der Wochen so wirklich klar geworden: das Überwinden von Ängsten
Manche Übungen sahen anfangs so komplex und gefährlich aus, dass ich dachte, ich könnte sie nie schaffen. Gerade Übungen an der Stange. Da ich mit Aufschwüngen, Drehungen und Über-Kopf Positionen schon immer zu kämpfen hatte. Aber mit der Zeit habe gelernt, diese mentalen Barrieren zu durchbrechen. Ängste auch anzunehmen und zu analysieren, hilft sehr. Jedes Mal, wenn ich eine Übung meistere, die ich für unmöglich hielt, wächst mein Selbstvertrauen ein Stück mehr.
Aber nichts davon wäre möglich ohne Disziplin. Calisthenics erfordert ein hohes Maß an Selbstkontrolle und Durchhaltevermögen. Ohne konstantes Training wir das nichts mit dem weiterkommen. Diese Disziplin hat sich auch in anderen Bereichen meines Lebens positiv ausgewirkt. Ich bin organisierter, fokussierter und erreiche meine Ziele schneller.
Wie ich mich motiviere, wirklich regelmäßig zu trainieren
Zitat: Es wird nicht leichter, du wirst besser!
Gemeinschaft und Unterstützung
Das Schöne an diesen öffentlichen Trainingsanlagen ist, dass man dort auch gleich gesinnte trifft. Es ist also ein idealer Ort, um neue Freundschaften und Kontakte zu knüpfen. Das sorgt dafür, dass der Sport dir auch langfristig Spaß machen wird. Nach nun circa einem Jahr Training an einem dieser Plätze hier in der Nähe habe ich viele Kontakte knüpfen und darüber hinaus auch die verschiedensten Trainingsniveaus, der anderen für mich nutzen können.
Es ist jedes Mal wieder spannend, sich mit den anderen. Über bestimmte Übungen auszutauschen und dadurch auch dazuzulernen. Im Calisthenics ist mittlerweile eine große Gemeinschaft entstanden. Das spiegelt sich auch in diversen Social Media Kanälen wider. Der Sport dreht sich längst nicht mehr nur um die „coolen Moves“, die man so kennt (wie z. B. den Human Flag), sondern vielmehr darum, eine gesunde Lebenseinstellung zu fördern.